Das Bethanien Kinderdorf Bergisch Gladbach war Gastgeber der Tour de Jugendhilfe. 90 Jugendliche und Kinder aus Jugendhilfeeinrichtungen in ganz Deutschland übernachteten in Zelten neben der Aula.
Was den Profi-Radsportlern die Tour de France ist, das ist den Jugendhilfeeinrichtungen die „Tour de Jugendhilfe“. Das erste Mal nach Corona wurde die Fahrradtour, die es seit 2018 gibt, wieder vom Raphaelshaus in Dormagen organisiert. Das Bethanien Kinderdorf in Bergisch Gladbach stellte in diesem Jahr erstmalig eine Teilnehmergruppe und war Gastgeber für die zweite Übernachtung der 90 Jugendlichen und Kinder aus Jugendhilfeeinrichtungen in ganz Deutschland.
Rund 600 Kilometer legen die Teilnehmer in sechs Tagen zurück. Start war in diesem Jahr in der Eifel, von dort geht es über Siegburg, Bergisch Gladbach und Schwalmtal nach Aachen. Der Zieleinlauf ist an Ostersamstag in Dormagen. „Das ist toll, man sieht jeden Tag eine andere Einrichtung“, sagt ein Betreuer, der mit seinem Team aus Freiburg angereist ist. Für die Kinder und Jugendlichen, die je nach Alter täglich Strecken zwischen 70 und 100 Kilometern fahren, eine ganz schöne Herausforderung, für die im Vorfeld trainiert wird. „Wir haben uns langsam rangetastet und die Strecken verlängert, damit wir bis zur Tour fit sind“, berichtet Henning Veit, der als Pädagoge das vierköpfige Bergisch Gladbacher Team begleitet. Er ist ganz froh, dass sein Team nicht als Bergwertung den Bensberger Schlossberg hochradeln muss, wie die älteren Teilnehmer. „Das ist nicht ohne, mit den Kindern auch auf Landstraßen zu fahren, auf denen die Lastwagen sehr nah an einem vorbeifahren“, berichtet er von den ersten Tour-Erfahrungen.
Während die Tagessieger schon um 15.20 Uhr im Kinderdorf ankommen, lässt die letzte Gruppe mit etlichen jüngeren Kindern bis kurz vor 19 Uhr auf sich warten. Heiß ersehnt von allen anderen Teilnehmern, die sich nach einem langen Tag im Sattel auf das Abendessen freuen. Was den Nachzüglern noch bevorsteht, haben die anderen schon erledigt: Fotos von den absolvierten Streckenposten für die Wertung vorzeigen, Zelte aufbauen, Handys aufladen, sich ein bisschen frisch machen. Die ersten Sonnenbrände auf den Nasen müssen versorgt, Blasen und durch den kalten Wind aufgerissene Hände verarztet werden. Jeder hilft jedem, die Teams wollen zwar alle gewinnen, aber trotzdem schweißt das Gemeinschaftserlebnis sie zusammen. Sie sind Tour-Teilnehmer und stolz darauf. „Es ist toll zu sehen, wie binnen einem Tag ein Kind wächst, Verantwortung übernimmt, sich kümmert“, sagt Veit.
35 Kilogramm Nudeln, 28 Liter Tomatensoße, 200 Brötchen, 20 Pakete Vollkornbrot, Belag, Äpfel Bananen, Müsliriegel – die Mengen, die es braucht, um 90 hungrige Leistungssportler satt zu bekommen, sind beeindruckend. Nach dem Essen ist die Siegerehrung. Kinderdorfleiterin Jutta Menne ist sichtlich beeindruckt von den gefahrenen Zeiten, die dabei verkündet werden. „Ihr alle seid Helden“, sagt sie unter tosendem Applaus.
Nach der Siegerehrung zieht es die meisten schnell in ihre Zelte, die neben der Aula aufgebaut sind. Nächtliche Temperaturen um den Gefrierpunkt? Kein Problem, versichern die Jugendlichen, bevor sie in ihre dicken Schlafsäcke schlüpfen. Um 21.30 Uhr herrscht Ruhe – nur noch das Rufen der Käuzchen ist zu hören. Es gilt, im Schlaf die Kraftreserven für den nächsten Tag aufzufüllen.