Ehemaligenfest zum 60. Jährigen Bestehen des Bethanien Kinder- und Jugenddorfes
„Ich bin kein Ehemaliger“, sagt ein älterer Mann mit Glatze im blauen Hemd energisch und lacht. „Ich bin ein Kinderdorfkind und das bleibt auch so.“
In diesem Jahr feiert das Bethanien Kinder- und Jugenddorf in Schwalmtal-Waldniel sein 60-jähriges Bestehen und hat am Wochenende gemeinsam mit den Dominikanerinnen von Bethanien zum Ehemaligenfest eingeladen. Rund 300 Frauen und Männer, die im Kinderdorf aufgewachsen oder hier einen Teil ihrer Kindheit verbracht haben, sind zum besonderen Tag ins Kinderdorf gekommen, um ihre Kinderdorfmütter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Kinderdorfgeschwister wiederzusehen und gemeinsam das Jubiläum zu feiern. „Besonders bei unseren Kinderdorffamilien bleibt der Kontakt zu ihren Kinderdorfkindern oft ein ganzes Leben bestehen“, erklärt Kinderdorfleiter Dr. Klaus Esser, der selbst seit fast 25 Jahren im Kinderdorf arbeitet. „Aber auch für unsere ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das Fest ein schöner Zeitpunkt, um alte Bekanntschaften wiederzutreffen.“
Vor allem in den Kinderdorffamilien ist der Zusammenhalt auch nach Verlassen des Kinderdorfes groß
Diese Wiedersehensfreude ist auf dem gesamten Gelände zu spüren: Schon in der gemeinsamen Messe hört der Zuhörer immer wieder „Oh wie schön, dass du auch hier bist“, beobachtet Umarmungen und wird vom Lachen angesteckt.
Mit dabei sind viele der Dominikanerinnen von Bethanien, denn als die Schwestern vor 60 Jahren die Kinderdörfer gründeten, waren sie diejenigen, die den Kindern eine Heimat geschaffen haben. „Viele der Schwestern waren sehr jung, sie hatten noch nie einen Haushalt erledigt oder Kinder erzogen“, erzählt Priorin Schwester Veronika, die ebenfalls viele Jahre Kinderdorfmutter war. „Heute sind die Strukturen ja ganz anders, es gibt rechtliche Voraussetzungen und ein Fachkräftegebot. Nicht verändert hat sich dagegen der bethanische Geist. Der ist das, was bleibt.“ Als bethanischen Geist beschreiben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber auch (ehemalige) Kinder und Jugendliche die besondere, familiäre Atmosphäre im Kinderdorf, die geprägt ist von Hilfsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Wertschätzung und Spiritualität. Wer Ida Dunkel, die seit mehr als 40 Jahren im Kinderdorf arbeitet und fast genauso lange Kinderdorfmutter ist, kennt, weiß, dass sie ein Sinnbild für all diese Werte ist: Auch am Ehemaligenfest wird sie von einer kleinen Traube von Männern und Frauen, Mädchen und Jungs jeglicher Altersstufen begleitet. „Ich habe viele Enkel und sogar inzwischen ein Urenkelkind“, erzählt die 62-Jährige stolz und strahlt über das ganze Gesicht. „Wenn alle beieinander sind, bin ich glücklich.“
Fast am Rand der Begegnungen finden die unterschiedlichen Programmpunkte des Festes statt: Als Ehemalige stellt die Mönchengladbacher Künstlerin Elisabeth Brunen im Begnungszentrum ihre Kunst aus, es werden alte Fotos und Super-8-Filme gezeigt, eine Hüpfburg, Kinderschminken und Spieleangebote vermitteln Familienfestcharakter und die Kinderdorfband „La Taste“ lockt gemeinsam mit Beatboxeuropameister Mando und Vollblutmusiker Andrew Lauer zum abendlichen Konzert. „ Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, einen Blick in die Häuser zu werfen“, erzählt der Kinderdorfleiter. „Viele Ehemalige haben ihre Kinder oder Partner dabei und können ihnen so zeigen, wo sie aufgewachsen sind.“ Der Tag endet mit einem gemeinsamen Public-Viewing in der Kinderdorfaula: Was ist schöner, als einen Deutschlandsieg unter Freunden zu feiern?