Drei Mal im Jahr veröffentlichen wir mit der Hilfe von externen Sponsoren ein Kinderdorfmagazin, den Kidoblick, um über das Leben in den Kinderdörfern zu informieren, aber auch um Fachthemen auszuführen. Diese Fachthemenbeiträge stellen wir Ihnen in unserem Neuigkeitenportal zur Verfügung.
Angenommen – Angekommen
Wie bereitet sich eine Familie oder Wohngruppe auf ein neues Kind vor?
Das Telefon klingelt. Es ist unsere Erziehungsleiterin. Ein Jugendamt hat eine Aufnahmeanfrage gestellt für ein Kind, dass gerade in Obhut genommen wird. Wir stimmen der Aufnahme zu. Dann geht alles sehr schnell. In der Regel ist das Kind ein bis zwei Stunden später bei uns. Wenn die anderen Kinder zu Hause sind, sind sie die ersten, die von der Neuaufnahme hören. Danach beginnen wir mit der Vorbereitung. Das Zimmer wird hergerichtet. Das Bett wird bezogen und ein Kuscheltier (wir haben für diesen Fall immer eins im Haus) wird darauf gesetzt. Wir schauen in unserem Vorrat nach eventuell passender Kleidung. Die Kinder basteln ein Willkommensschild, welches sie an die Zimmertür hängen. Es ist schön zu sehen mit welchem Engagement die Kinder dabei sind es dem neuen Kind so schön wie möglich zu machen, und sie wissen, wenn ein Kind so plötzlich kommt hat es nicht viel was es mitbringt. Unsere Kinder haben eine große Bereitschaft von ihren Spielsachen abzugeben und das sind nicht Dinge, die nicht mehr so schön sind, sondern Dinge mit denen sie gerne spielen. Und dann warten sie während wir noch mal prüfen, ob alles gemütlich aussieht. Wenn das Kind da ist wird es herzlich begrüßt. Manchmal müssen wir unsere Kinder etwas bremsen, damit es nicht nach einem Überfall aussieht. Die Kinder zeigen ihm alles, und spielen mit ihm. Das sind Situationen, die mich jedes Mal berühren. Die Kinder zeigen ein großes Feingefühl, auch die, die sonst eher burschikos sind. Viele unserer Kinder sind auch so plötzlich zu uns gekommen und sie können sich gut daran erinnern wie es war, plötzlich aus der gewohnten Umgebung gerissen zu werden und wie gut es tut herzlich aufgenommen und „an die Hand genommen“ zu werden. Von diesem Mitgefühl, der Herzlichkeit und Natürlichkeit der Kinder profitiert auch unser Team, denn die Kinder sorgen in einer besonderen Art dafür, dass sich das neue Kind wohlfühlen kann.
Ich habe mir nie die Frage gestellt, ob wir ein Kind, das in Obhut genommen wurde, aufnehmen oder nicht. Mir wurde mit der zunehmenden Anzahl an Inobhutnahmen deutlich, dass ich gerne ein Kind nehme über das ich so wenig weiß und mir gar nicht erst ein Bild machen kann. Ich denke nicht darüber nach, ob das Kind wegen seiner Besonderheiten wohl in unsere Gruppe passt. Ohne viel über die Umstände zu wissen, ist es einfach ein Kind, dass genau jetzt Hilfe braucht. Ein Kind, das das Recht hat versorgt und umsorgt zu werden. Ein Kind, das das Recht auf Schutz und Geborgenheit hat. Und genau das ist es, worin ich meine Aufgabe und Berufung im Bethanien Kinderdorf sehe.
Sabine Hundelt (Wohngruppe Birkenhaus, Kinderdorf Schwalmtal)