Neun Kinder stehen stolz vor dem Rohbau des Neubaus auf dem Gelände des Bethanien Kinder- und Jugenddorfes in Schwalmtal. Im Dezember werden die Kinder und Jugendlichen zwischen vier und 15 Jahren aus dem Wiesenhaus in das neue Regenbogenhaus einziehen. „Den Namen für den Neubau haben sich die Kinder und Erwachsenen der Gruppe selbst ausgesucht“, sagt Kinderdorfleiter Dr. Klaus Esser beim Richtfest des Hauses und schmunzelt. „Alle unsere Häuser haben Namen statt Hausnummern. Das Regenbogenhaus reiht sich jetzt zwischen dem Sonnen- und dem Tannenhaus ein.“
Der Neubau wurde notwendig, weil sich das Kinderdorf vergrößert: Inzwischen leben 139 Kinder und Jugendliche im Bethanien Kinder- und Jugenddorf. „Die Nachfrage der Jugendämter für die Aufnahme von Kindern bei uns ist sehr groß“, erklärt der Kinderdorfleiter. „Das ist ein Vertrauensbeweis in unsere Arbeit, der Hintergrund ist aber oft vor allem für die Kinder eher traurig: die Jugendämter nehmen ihre Aufgabe des Kinderschutzes ernst, es gibt leider zu viele Kinder, die in ihren Familien nicht leben können. Aber auch psychische Krankheiten, Armut und Überbelastungen in Familien steigen. Auch die Flüchtlingssituation verlangt Handeln.“ Erst im letzten Jahr war auch das Kinderdorf mit der Situation konfrontiert worden, für Jugendliche, die ohne Eltern und Angehörige nach Deutschland gekommen sind, einen Lebensraum zu schaffen. Eine Gruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist in ein Haus an der Kastanienallee gezogen. „Zu unserem Gelände gehören auch das Lindenhaus und das Kastanienhaus in unmittelbarer Nachbarschaft“, schildert Bethanien Verwaltungsleiter Stephan Joebges. „Die Häuser sind in einem schlechten Zustand und es war eigentlich geplant, sie abzureißen. Für die dringenden neuen Aufgaben wurden sie wieder soweit hergerichtet, dass sie vorübergehend zu nutzen sind.“ Im Dezember ist ins Lindenhaus eine neue Kinderdorffamilie eingezogen: Katharina Kalla lebt mit drei Geschwisterkindern hier, zwei weitere Kinder sollen noch dazukommen. „Auf lange Sicht ist das Lindenhaus zu klein und zu alt.“, erklärt Joebges. „Nach 60 Jahren bauen wir also zum ersten Mal auf dem Parkgelände an der Ungerather Straße.“
So wird Katharina Kalla ins größere Wiesenhaus einziehen und die neun Kinder aus dem Wiesenhaus bekommen ein neues Zuhause im Regenbogenhaus. Die Kinder und Jugendlichen freuen sich auf den Umzug und sehen nur Vorteile, vor allem: mehr Platz zum Leben. Auf zwei Etagen entstehen neun Kinderzimmer, ein offenes Esszimmer mit integrierter Küche, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer für die Erzieher und ein Hauswirtschaftsraum. Auch die Erzieher freuen sich: „Bisher haben sich einige Kinder bei uns ein Zimmer teilen müssen. Das funktioniert oft nur kurze Zeit.“, erzählt Gruppenleiterin Jaqueline Vossdellen. „Wir Erzieher haben dann immer wieder nachts im Wohnzimmer auf der Couch geschlafen.“ Durch den Neubau wird der Lebensraum erweitert. Einkäufe und Vorrat für eine Großfamilie brauchen Platz, genauso wie Wäsche und Waschmaschine. „Wir freuen uns besonders auf den Garten“, sagt die 7-jährige Leonora, die seit zwei Jahren im Kinderdorf lebt. „Da können wir gemeinsam grillen und Trampolin springen.“ Kinder und Mitarbeiter werden bei der Einrichtung des Hauses gefragt und beteiligt. „Im Kinderdorf schaffen wir ein liebevolles und schönes Zuhause. Das geht nur, wenn dich Kinder sowie Mitarbeiter wohlfühlen“, sagt Joebges.
Nur über Spender kann das Projekt finanziert werden Ohne Spender und Sponsoren wäre das Schaffen eines Zuhauses für so viele Kinder nicht möglich. Der Galerist Bernd Meyer, der in Schwalmtal vor allem durch die Organisation rund um die Tage der Kunst bekannt ist, hat von dem Projekt erfahren und Kontakt zur Düsseldorfer Kinderstern-Stiftung hergestellt. „Die Stiftung von Carmen Knoebel, der Frau des Düsseldorfer Künstlers, hat uns einen großzügigen Betrag für den Neubau gespendet“, erzählt Dr. Klaus Esser. „Durch die Unterstützung der Presse und Privat- sowie Firmenspendern können wir die Finanzierung stemmen. Auch ehrenamtliches Engagement hat da eine Rolle gespielt.“ Auch der Freundeskreis des Kinderdorfes hat geholfen: er konnte das Familienunternehmen Reuter gewinnen, das spontan alle sanitären Anlagen des neuen Hauses als Spende liefert: Reuter stattet vier Bäder aus, davon drei mit Dusche und eines mit Badewanne, sowie drei Toilettenräume.