Caritas-Präsidentin zu Besuch im Bethanien Kinderdorf
Ganze sechs Stunden Zeit nahm sich die Caritas-Präsidentin, Frau Eva Welskop-Deffaa für ihren Besuch im Bethanien Kinderdorf. Es war ein ausführliches Gespräch, dass die Caritas-Präsidentin mit dem Geschäftsführer der Bethanien Kinderdörfer, Dr. Klaus Esser, der Kinderdorfleiterin Julia Bartkowski, Dagmar Hardt-Zumdick vom Caritasverband Bistum Aachen und anderen Mitarbeitenden und Ehemaligen des Bethanien Kinderdorfes in Schwalmtal führte.
Einladung ins Bethanien Kinderdorf
„Einmal im Jahr bin ich in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe – auf Einladung des BVkE“, gibt Eva Welskop-Deffaa gleich zu Anfang bekannt. „Ich bin Diplom Volkswirtin und komme mit der Jugendhilfe erst seit meiner Arbeit im Caritas-Verband intensiver in Berührung.“ Genau aus diesem Grund seien ihr die Besuche in Jugendhilfeeinrichtungen auch so wichtig. Sie möchte genau wissen, wofür sie sich in ihrer Tätigkeit einsetzt.
Und genau diesen Einblick gewährt das Bethanien Kinderdorf in Schwalmtal. Zunächst stellt Julia Bartkowski das Bethanien Kinderdorf vor, berichtet von den verschiedenen Angeboten und Konzepten, die es dort gibt. Im Anschluss gibt es eine zweistündige Kinderdorfführung, in der Eva Welskop-Deffaa selbst erlebt, wie die Arbeit im Bethanien Kinderdorf aussieht. Nicht nur eine Kinderdorffamilie wird besucht, auch der Therapie- und Förderbereich, wie der heilpädagogische Reiterhof, die Musikschule und der Freizeitbereich, steht auf der Tagesordnung. Welskop-Deffaa kann sogar selbst einmal das Bogenschießen ausprobieren und erlebt, wie ruhig und konzentriert man dabei wird.
Absicherung auch nach dem 18. Lebensjahr
Am Nachmittag kommen zwei Ehemalige des Kinderdorfes dazu. Die beiden großgewordenen Kinderdorfkinder berichten von ihren Erfahrungen, in der Jugendhilfe aufzuwachsen. Grundsätzlich waren beide sehr froh, im Kinderdorf gelandet zu sein. „Wäre ich bei meiner Mutter geblieben, hätte ich nicht geschafft, was ich geschafft habe“, erzählt Cagla Keles (19 J.), die nach bestandenem Fachabitur nächsten Monat mit ihrer Ausbildung startet. Doch die junge Frau erinnert sich auch an negative Erfahrungen in der Jugendhilfe. „Dieser Druck, als ich älter wurde. Mir wurde vom Jugendamt sogar eine Frist von drei Monaten gesetzt, um eine eigene Wohnung zu finden“, berichtet sie. „Ich hatte das Gefühl, rausgeschmissen zu werden.“
Diesen Druck spürte auch die 24-jährige Yasemin Sener. „Ich habe mit dem Fachabitur begonnen, doch das Jugendamt fragte immer wieder nach einer Ausbildung. Das hat mich ziemlich unter Druck gesetzt. Ich hätte gerne ein freiwilliges soziales Jahr gemacht, das war aber im Rahmen der Jugendhilfe nicht möglich.“
Welskop-Deffaa wundert sich über diese Schilderungen: „Für den Erfolg der Jugendhilfe sind Partizipation und Augenhöhe von großer Bedeutung. Eigenständigkeit kann nicht erzwungen werden. Junge Menschen dürfen nicht unter Druck gesetzt werden Ziele zu formulieren, die in der vorgegebenen Zeit keinesfalls erreichbar sind.“
Julia Bartkowski sieht den Fehler im System: „Besser wäre, das verantwortliche Jugendamt müsse nachweisen, warum der junge Mensch bereits aus der Jugendhilfe entlassen werden kann und nicht umgekehrt.“ So entstehe bereits für viele 17-Jährige im Hilfeplangesprächen der Druck, sich möglichst schnell zu verselbstständigen. „Dass genau dann so Vieles auf die Heranwachsenden einprasselt, wie das Ende der Schulzeit, die erste eigene Wohnung oder die Ausbildungssuche, wird oft nicht so bewertet, wie es sein sollte.“ Esser, der auch Vorsitzender des BVKE (Bundesverband Caritas Kinder- und Jugendhilfe e.V.) ist, bestätigt, dass sich der Verband dafür einsetzt, dass die Jugendhilfe nicht zu früh beendet wird. „Wir gefährden die guten Entwicklungen, die die Kinder und Jugendlichen über Jahre gemacht haben, wenn wir die Hilfe zu früh beenden.“
Die Gespräche mit den ehemaligen Kinderdorfkindern scheinen der Caritas-Präsidentin besonders nachzugehen. „Ich habe verstanden, dass Sie davon überzeugt sind, dass die Chancen-Anstrengung, die Sie unternehmen, dringend einer Absicherung über das 18. Lebensjahr hinaus bedarf“, erklärt sie am Ende. „Ich habe die Careleaver (Ehemalige) auf die Liste der Menschen genommen, denen ich größere politische Aufmerksamkeit verschaffen sollte.“