Es gibt sie zuhauf – langfristige, kurzfristige, ehrliche, gefährliche – Freundschaften! Schon im Kindesalter nehmen Freundschaften einen großen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes. Und so unterschiedlich und individuell wir Menschen sind, so unterschiedlich können auch ihre Freundschaften aussehen.
Wie definieren die Kinder in unserer Kita für sich Freundschaft? Wir haben bei Samu, Sofia, Clea und Katharina (Alter der Kinder: 5 Jahre) nachgefragt.
„Ich habe schon mitbekommen, dass ihr ganz schön viele Freunde habt oder? Und auch ihr seid miteinander befreundet. Hast du einen Freund oder eine Freundin oder vielleicht sogar mehrere Freunde, Samu?“
Samu: „Ja, klar. Ich habe Erik, Sofia, Casi und noch andere.“
„Wow, schau mal, das sind schon mindestens 3 Kinder, die für dich Freunde sind.“
Die Kinder zählen weitere Freunde auf.
Katharina: „Ich habe auch Freunde aus meinem alten Kindergarten, den Stefan zum Beispiel.“
„Ich finde es schön, dass ihr so viele Freunde habt. Und da stelle ich mir die Frage, wieso ist er/sie dein Freund/deine Freundin?“
Clea: „Na, weil man mit einem Freund gerne spielt und sich verabredet.“
Katharina: „Genau und wenn man jemanden anschaut und ihn so schön findet, dass man ihn direkt ansprechen und „Hallo“ sagen möchte.“
„Das hört sich aber toll an, Katharina. Das ist bestimmt ein schönes Gefühl, wenn man sich so freut jemanden zu sehen. Ist das ein schönes Gefühl für dich?“
Katharina: „Ja, so habe ich ja meine Freunde kennengelernt.“
„Hast du sie gesehen und hast dir gedacht: ,Och Mensch, dem möchte ich jetzt Hallo sagen´?“
Katharina: „Eigentlich dachte ich, dass ich ihn gerne als Freund haben möchte.“
„Toll! Samu, hast du auch noch eine Idee, warum jemand dein Freund ist?„
Samu: „Hm, weil man dann halt so schön zusammen spielt. So wie ich heute mit Erik, wir fahren zusammen zum Indoorspielplatz.“
„Schön, ihr seid also verabredet. Da freust du dich bestimmt sehr drauf. Katharina hat gerade erzählt, dass sie jemanden gesehen hat und das Gefühl hatte mit demjenigen befreundet sein zu wollen. Was muss man vielleicht noch machen, um mit jemandem befreundet zu sein, Sofia?“
Sofia: „Ganz nett und nicht böse sein. Zu einem Freund ist man freundlich.“
Clea: „Oder wenn man sich dringend verabreden möchte, dann kann man das machen. Und so kann man auch immer mehr Freunde kriegen. Dann kann man zum Beispiel sagen, das Spielzeug von dem anderen ist zum Beispiel schön und dann kann man einfach zusammen damit spielen.“
„Machst du einem Freund also auch mal Komplimente? Wisst ihr, was ein Kompliment ist?“
Kinder schütteln den Kopf
„Ein Kompliment ist, wenn man jemandem etwas sagt, was mir gut an ihm oder ihr gefällt; wenn ich zum Beispiel sage „Wow, deine Haare sehen wirklich toll aus.“ – dann habe ich jemandem ein Kompliment, quasi eine Freude, gemacht. Und Katharina, du hast ja eben erzählt, du hast auch Freunde, die gar nicht hier in der Kita sind. Wo hast du diese denn kennengelernt?“
Katharina: „In meiner alten Kita.“
„Wo kann man denn noch Freunde kennenlernen, außer in der Kita, Sofia? Hast du eine Idee?“
Sofia: „Zum Beispiel, dass das Kind in der Schule auch Freunde finden könnte.“
„Genau, auch ein Schulkind findet Freunde in der Schule, das stimmt. Wo denn sonst noch, Samu?“
Samu: „Draußen, zum Beispiel auf dem Spielplatz.“
„Auf dem Spielplatz, stimmt. Wo denn noch, Clea?“
Clea: „Auf der Straße. Man kann ja dann zu einem Kind sagen „Hallo, wollen wir Freunde sein?“ und dann kann man ja auch Freunde sein.“
Sofia: „Und fragen, wie man heißt.“
„Das ist ja eine super Idee. Jemanden zu fragen, wie man heißt. Dann weißt du auch, wie du das andere Kind ansprechen sollst. Ist ja auch viel schöner, wenn man den Namen kennt.“
Katharina: „Im OkiDoki Land, habe ich mal auf der Rutsche ein schönes Mädchen getroffen und dann sind wir zusammen gerutscht. Sie habe ich auch nach ihrem Namen gefragt, aber den habe ich wieder vergessen.“
„Schöne Sachen, die ihr da sagt. Muss man denn, um befreundet zu sein, denjenigen jeden Tag sehen? Oder ist man auch noch befreundet, wenn man sich mal länger nicht sieht?“
Sofia: „Also, wenn ich den Samu mal nicht sehe, weil ich im Urlaub bin oder so, dann sind wir danach immer noch Freunde.“
„Also ist man immer noch befreundet, auch wenn man sich nicht jeden Tag sieht. Schön. Katharina, du hast ja eben auch erzählt, dass du mit den Kindern aus deiner alten Kita noch befreundet bist. Die siehst du wahrscheinlich auch nicht jeden Tag, richtig?“
Katharina: „Nein, hin und wieder kommen sie mich besuchen. Und wenn ich Geburtstag feiere und die Einladungen bringe, dann sehe ich sie auch.“
Clea: „Und wenn man befreundet ist und ganz lange im Urlaub ist und vielleicht den Namen von dem anderen Kind vergessen hat, dann kann man ja immer noch nachfragen, wie das Kind nochmal hieß.“
„Auf jeden Fall, nachfragen ist immer super, wenn man etwas nicht weiß. Ihr habt eben gesagt, mit einem Freund spielst ihr viel. Was machst du denn noch sehr gerne mit einem Freund/einer Freundin?“
Katharina: „Ich würde am liebsten jeden Tag mit meinen Freunden spielen.“
Samu seufzt.
„Samu, hast du auch noch eine Idee?“
Samu: „Also, wenn man direkt nebeneinander wohnt, dann kann man immer zusammen spielen, auch am Zaun.“
Sofia: „Ja, ja und weißt du? Am Gartenzaun schmeißen wir uns immer Sachen über den Zaun.“
Sofia und Samu lachen.
„Wisst ihr, wie sich das für mich anhört? Als würdet ihr mit einem Freund auch mal gerne Ussel oder Quatsch machen. Stimmt das?“
Kinder nicken und rufen „Yeahhh, ganz viel Ussel!“
Clea: „Wenn man was mit jemand anderem spielt und der sagt, ich möchte heute nicht mit dir spielen, ich möchte lieber mit jemand anderem spielen, dann ist man immer noch befreundet.“
„Super, dass du das sagst, Clea. Nur weil man mal nicht zusammen spielen möchte, heißt das nicht, dass man nicht mehr befreundet ist. Habt ihr noch andere schöne Sachen mit Freunden erlebt, Samu?“
Samu: „Also, ich gehe auch immer zum Schwimmkurs mit Erik.“
Sofia: „Und weißt du, als Samu mal bei mir war, da haben wir mein ganzes Bett leergeräumt.“
Samu: „Ja und alle Kissen und Decken auf den Boden geschmissen. Dann sind wir rumgeturnt:“
Sofia: „Weil Samu und ich wollten eine Pyjama-Party machen. Das war witzig.“
Samu: „Mit Musik und tanzen. So eine richtige Party.“
Sofia: „Dann haben wir die Toniebox genommen und so doll getobt, dass das Haus fast zusammengebrochen ist.“
„Das hört sich nach sehr viel Spaß an. Das Haus steht aber zum Glück noch, oder?“
Samu und Sofia nicken
„Prima, und Katharina. Magst du auch noch was erzählen?“
Katharina: „Ja, ich wollte ganz unbedingt, dass Pia bei mir schläft und wir eine Party schmeißen. Mit meiner Ukulele, die pink ist.“
„Habt ihr das schon gemacht? Beieinander übernachtet?“
Katharina: „Noch nicht, wir müssen noch überlegen, ob wir uns dann Süßigkeiten mopsen oder nicht.“
„Ach ok, da müsst ihr noch überlegen. Gut.“
Clea: „Wenn ich gerade mit jemandem spiele, aber der andere möchte gerade lieber mit jemand anderem spielen, dann bin ich schon auch etwas traurig. Aber dann kommt derjenige wieder zurück und dann spielen wir halt zu Dritt.“
„Das geht auch, genau. Man kann ja auch prima mit mehreren Freunden zusammen spielen.“
Clea: „Nicht nur mit einem Freund. Man kann auch mit 3 oder mehr Freunden spielen oder zu acht.“
„Das stimmt. Ist denn jemand auch noch dein Freund oder deine Freundin, wenn ihr euch mal streitet?“
Kinder nicken
„Ok, was macht ihr denn, wenn ihr euch streitet oder mal gestritten habt?“
Clea: „Dann sagen wir Entschuldigung und spielen wieder miteinander.“
„Das ist richtig wichtig, dass wir uns entschuldigen können bei unseren Freunden, damit man sich vertragen kann. Also ist derjenige trotzdem noch dein Freund/deine Freundin?“
Katharina: „Wir sind dann ein paar Minuten nicht mehr Freunde, aber dann wieder.“
Sofia: „Das ist bei Samu und mir auch so. Wenn wir uns gestritten haben, dann gucken wir uns tief in die Augen und dann wissen wir, dass alles wieder gut ist.“
Samu: „Ja stimmt, guck, so sieht das dann aus.“
Samu und Sofia zeigen, wie sie sich anschauen, um zu wissen, dass sie sich wieder vertragen haben
„Ach, wie witzig. Ihr habt einen bestimmten Blick und dann wisst ihr, dass ihr euch wieder vertragen habt?“
Samu und Sofia nicken und sagen: „Dann sind wir albern“
„Und was machst du denn, wenn dein Freund oder deine Freundin etwas nicht so gut kann?“
Samu: „Dann ist uns das egal und dann bringen wir das irgendwann bei.“
Katharina: „Immer wieder zeigen und machen, bis der andere sich traut das zu machen. Und irgendwann kann er das dann.“
„Das ist aber toll. Also hilfst du?“
Clea: „Dann macht man das einfach so zehn Mal und dann geht das schon. Dann bringt man dem anderen das bei. Man sagt dann aber nicht so „Haha, du kannst das nicht.“ Das ist gemein. Aber manchmal passiert das schon mal, dass man nicht mehr „verfreundet“ ist, aber dann kann man sich ja immer neue Freunde holen.“
„Stimmt, das kann auch schon mal passieren. Man ist befreundet und verliert sich dann ein bisschen aus den Augen, spielt nicht mehr viel und gerne zusammen, aber irgendwann merkt man, dass man den anderen doch noch gerne mag. Was würdest du denn machen, das finde ich auch sehr interessant, wenn ein Freund oder eine Freundin etwas viel besser kann als du?“
Clea: „Dann helfen mir die anderen und bringen mir das bei, zum Beispiel Seilchenspringen.“
„Ach ok, also lässt du dir auch helfen? Das ist super. Wir haben ganz schön viel gehört über Freundschaft und ich glaube, dass Freundschaft, ganz schön wichtig ist. Könntet ihr euch vorstellen, keine Freunde zu haben?“
Samu: „Ja, das wäre ja super schade, wenn man keine Freunde hat.“
„Wie würdet ihr euch denn dann fühlen, wenn ihr keine Freunde habt?“
Sofia: „Ganz allein.“
Samu: „Einsam.“
Katharina: „Einen einzigen Freund zu haben ist auch nicht so schön.“
Clea: „Wenn man dann zum Beispiel keinen Bruder oder keine Schwester hat und alleine mit der Mama wohnt, dann wäre man ja ganz einsam ohne Freund.“
„Richtig, das wäre dann wirklich schade. Ihr habt mir so viele tolle Sachen über eure Freundschaften erzählt und wie wichtig es euch ist, einen Freund oder eine Freundin zu haben. Ich danke euch sehr, dass ihr so ehrlich geantwortet habt.“
Der inklusive Gedanke, umfasst das wesentliche Prinzip, Menschen wertzuschätzen und anzuerkennen in ihrer Diversität. Wir denken, dass wir Abstand nehmen müssen von einem bestimmten Bild der Freundschaft. Insbesondere Kinder sind durch ihre offene und unvoreingenommene Sicht auf die Welt und ihre Mitmenschen dazu in der Lage, unabhängig jeden Defizites, Freundschaften zu führen. In unserer Einrichtung beobachten wir, dass, je nach Art der Einschränkung, Kinder sich vor allem sehr hilfsbereit und fürsorglich zeigen, wenn ein/eine „Freund/Freundin“ etwas noch nicht schafft.
Freundschaft kennt kein Handicap!
Katrin Wohkittel
Ilka Ziegler