♥ „Danke, dass es dich gibt.“ ♥
Mit diesen Worten bedanken sich unzählige Kinder und Jugendliche am Muttertag bei ihren Müttern – auch die Kinderdorfmütter in den Bethanien Kinderdörfern erfahren diesen Dank jedes Jahr aufs Neue.
Am 9. Mai ist Muttertag
Ein Tag, der weltweit genutzt wird, um Müttern von ganzem Herzen für all das zu danken, was sie tagtäglich für ihre Kinder tun. Auch im Bethanien Kinder- und Jugenddorf Eltville wird dieser Tag gefeiert. Mit selbstgemalten und -gebastelten Geschenken, Liedern, Gedichten und Frühstück bedanken sich die Kinder und Jugendlichen bei ihrer Kinderdorfmutter.
Aus dem Leben einer Kinderdorfmutter
Susanne Lange ist Kinderdorfmutter von neun Kindern zwischen drei und 17 Jahren. Die Arbeit, die sie im Bethanien Kinder- und Jugenddorf Eltville leistet, ist viel mehr als nur ein Beruf. Es ist ein Familienalltag im XXL-Format. Täglich gilt es, allen Ansprüchen in einer Großfamilie gerecht zu werden.
Normalerweise klingelt morgens der Wecker um 05:15 Uhr. Dann heißt es: Aufstehen, Fertigmachen, Frühstück vorbereiten, Brote belegen. Hektisch und quirlig geht es dann zu, bis die Kinder und Jugendlichen das Haus verlassen, den Kindergarten oder die Schule besuchen.
Danach bleibt Zeit, sich um Organisatorisches zu kümmern: Erstellung von Hilfe- und Erziehungsplänen, Verhandlungen mit dem Jugendamt, Gespräche mit Therapeutinnen und Therapeuten und Austausch mit den Eltern.
XXL-Alltag in der Corona-Krise
Während der Corona-Pandemie hat sich der Tagesablauf jedoch auch im Bethanien Kinder- und Jugenddorf Eltville stark verändert. Ruhe im Haus gibt es für Suanne Lange selten. Da die Kinder und Jugendlichen aktuell meist 24 Stunden am Tag Zuhause sind, hat sich der Betreuungsbedarf erheblich erhöht. Die Organisation des Homeschoolings bestimmt nun schon seit Wochen den Tag in der Kinderdorffamilie.
Distanzunterricht, Haushalt, Freizeitbeschäftigung – eine Dauerbelastung, der sich auch Susanne Lange stellen muss. „Das gelingt nur mit einem strukturierten Tagesablauf”, berichtet Susanne Lange. „Wichtiger denn je ist es, den Kindern und Jugendlichen Halt zu geben“, erzählt die Kinderdorfmutter. „Deshalb stehen bei uns geregelte Mahlzeiten und gemeinsame Aktivitäten sowie Bewegung an der frischen Luft auf der Tagesordnung. Besondere Aktionen lassen die Kinder auch ihre Sorgen für einen Moment vergessen.“ Kinderdorfmutter Susanne Lange freut sich darüber, dass es im Team, in dieser herausfordernden Zeit während der Corona-Pandemie, so gut funktioniert. Sie wird von Erziehern oder Erzieherinnen und einer Hauswirtschaftskraft unterstützt.
„Du bist hier auf der Welt gewollt. Du wirst hier geliebt.“
In der Kinderdorffamilie von Susanne Lange werden Kinder aufgenommen, die perspektivisch kaum die Chance haben, zu ihrer leiblichen Familie zurückzukehren. Die Kinderdorffamilie schafft die Möglichkeit, den Kindern einen „sicheren Ort“ anzubieten, den sie bei ihren Herkunftsfamilien nicht mehr hatten, egal ob aufgrund von Armut, Krankheit oder Gewalt.
„In guten…
Durch die familienähnliche Struktur, durch die Vermittlung von Bindung, Gemeinschaft, Vertrauen, Liebe und Zuverlässigkeit schenkt die Kinderdorfmutter Susanne Lange den Kindern und Jugendlichen ein geborgenes Zuhause. „Man gibt jedoch nicht nur, sondern man bekommt auch ganz viel von den Kindern und Jugendlichen zurück”, schildert Susanne Lange aus ihrer Erfahrung als Kinderdorfmutter und erinnert sich an bewegende Zusammenkünfte, insbesondere zu Ostern, Weihnachten oder am Muttertag.
… wie in schlechten Zeiten.”
Doch das Leben als Kinderdorfmutter hat nicht immer nur schöne Seiten. Die Kinder, die im Bethanien Kinder- und Jugenddorf Eltville leben, haben immer eine Vorgeschichte. Und die kann ganz unterschiedlich aussehen. Der Umgang mit den traumatisierten Kindern und Jugendlichen ist deshalb nicht immer so unkompliziert, vor allem da die Kinderdorfmutter und die Pädagoginnen und Pädagogen oft nur beschränkte Einblicke in die Vorgeschichte der Kinder und Jugendlichen haben.
Die Belastungen, denen diese ausgesetzt waren und die sie tagtäglich in einem unsichtbaren Rucksack mit sich herumtragen, äußern sich oft in unvermittelten Wutanfällen und Trennungsängsten. Es dauert, bis die Kinder und Jugendlichen Vertrauen fassen, denn viele von ihnen haben in ihrem Leben noch nie erfahren, was eine sichere Bindung ist.
„Ich bin für dich da…
Die neun Kinder nennen Kinderdorfmutter Susanne Lange nicht Mama, sondern „Sanne“. Das ist ihr wichtig, denn alle haben noch ihre leibliche Mutter. Dass trotzdem eine Mutter-Kind-Bindung entsteht, wenn man rund um die Uhr zusammenlebt, ist selbstverständlich: „Das ist nichts, bei dem ich nach acht Stunden sagen kann: So, das war´s.“ Aber genau darin sieht Susanne Lange ihre Berufung. Die ganzheitliche Betreuung der Kinder ist Teil ihres Lebens und erfüllt sie mit Glück. Geplant war das nicht, denn nach ihrem Abitur, machte die gebürtige Eltvillerin zunächst einmal eine Ausbildung zur Erzieherin. Über ihr vielseitiges ehrenamtliches Engagement wurde sie schließlich auf das Konzept der Kinderdorffamilie aufmerksam und entschloss sich, diesen Weg zu gehen.
…ein Leben lang.“
Die Entscheidung, Kinderdorfmutter zu werden, begleitet Susanne Lange ihr Leben lang. Denn die Bindung, die sie zu den Kindern und Jugendlichen aufgebaut hat, bricht nicht plötzlich ab, wenn die jungen Erwachsenen das Bethanien Kinder- und Jugenddorf Eltville verlassen. Auch danach bleibt der Kontakt zu ihren Schützlingen oftmals bestehen. Noch heute kommen „ihre Ehemaligen“ regelmäßig zu Besuch.
Auch zum Muttertag, zu Kaffee und Kuchen besuchen sie seit vielen Jahren Susanne Lange und ihre Kinderdorffamilie und erzählen, dass die eigene Tochter jetzt in die Schule geht oder der Kontakt zu den leiblichen Eltern stetig wächst. Momente der Erleichterung und Bestätigung für Susanne Lange.
Weil es mich erfüllt
Seit fast 25 Jahren arbeitet sie nun bei Bethanien und bereut es keineswegs. Dabei ist nicht immer alles schön und bunt. Die Kinder bringen Probleme aus ihren Herkunftsfamilien mit, die ganz unterschiedlich aussehen. Susanne Lange muss sich immer wieder neu darauf einstellen und ihre eigene Betroffenheit hintenanstellen: „Meine größte Herausforderung ist es, den Kindern wieder die Kindheit zurückzugeben.“ Wie in jeder Familie kann es schon mal heftigen Streit geben. Auch das gehört zum Leben. In Konfliktsituationen ist viel Einfühlungsvermögen aber auch hohe pädagogische Professionalität gefragt. Susanne Lange berichtet, dass es ihr wichtig ist, den Kindern das Gefühl zu geben, dass sie angenommen werden. Daher vermittelt sie immer wieder in schwierigen Situationen: „Wenn ich mich über dich ärgere, dann nur, weil mir etwas an dir liegt. Wenn ich mich mal nicht mehr ärgere, dann haben wir ein Problem.“
Eine Lebensberufung für mich
„Wir wollen den Kindern ein sicheres, warmes Zuhause geben“, beschreibt Susanne Lange. Ein Zuhause entsteht da, wo echte Beziehung gelebt wird. Die Entscheidung, Kinderdorfmutter zu werden, ist keine Berufsentscheidung. Als Kinderdorfmutter steht man 24 Stunden für die Anliegen der Kinder und Jugendlichen zur Verfügung, denn in einer Kinderdorffamilie wird nicht nur gearbeitet, sondern zusammengelebt.
Das Lebensmodell, das eine Kombination aus Liebe, Vertrauen und hoher pädagogischer Professionalität darstellt, bereitet den Kindern in der stationären Jugendhilfe einen möglichst „normalen“ und guten Weg in die Zukunft. Wie in jeder traditionellen Familie geht es darum, miteinander zu leben und füreinander da zu sein.
„Es ist der Entschluss, sein Leben denjenigen zu schenken, die ohne eigenen Einfluss in Not geraten sind – in guten wie in schlechten Zeiten“, so Kinderdorfmutter Susanne Lange.